Wandertag der Klasse 9c nach Düsseldorf: Weg von Land, auf in Stadt.
Das war der Weg der Klasse 9c am Mittwoch (19. April 2023) mit dem Zug von Bocholt aus nach Düsseldorf. Unter der Leitung von Frau Müller und Herrn Sczesny standen viel Theater und Kunst auf dem ambitionierten Programm für einen Wandertag bei schönstem Aprilwetter am Rhein.
Leicht verschlafen, aber pünktlich haben wir uns um 7 Uhr am Bahnhof getroffen und es ging mit dem Zug nach Düsseldorf. Viele von uns konnten die gut 90 Minuten Fahrzeit noch zu einem kleinen Schläfchen nutzen, denn am Düsseldorfer Bahnhof angekommen, wartete ein straffes Programm auf uns. So machten wir uns direkt auf den Weg zum Gustaf-Gründgens-Platz 1.
Um 9 Uhr waren wir schon mit dem theaterpädagogischen Team des Düsseldorfer Schauspielhauses auf einen Backstageblick hinter die Kulissen des berühmten Theaterhauses verabredet. Dort gab es viel zu sehen, wie zum Beispiel den Fundus und die Maskenräume des Theaters, den ganz modernen Technik- und Regieraum des Großen Hauses oder auch die Werkstätten, in denen die Bühnenbilder für alle Produktionen entstehen. Heute Vormittag wurde zum Beispiel noch ganz eifrig an dem Bühnenbild zu Brechts "Der gute Mensch von Sezuan" gearbeitet... schließlich wartete am Abend noch eine öffentliche Probe auf das Ensemble; dementsprechend wuselig ging es auf und hinter der Bühne zu.
Es war schon überraschend, wie viele attraktive Berufe man in einem Theater finden kann. Cool ist aber auch, dass man im D´haus auch Praktika absolvieren könnte. Hat vielleicht sogar jemand Lust mitzumachen?
Um 11 Uhr wartet dann ein echter Theaterbesuch auf uns. Das Junge Schauspiel zeigte „Don Giovanni“ (in der Regie von Farnaz Arbabi) in der Interpretation und für Jugendliche aufbereiteten Inszenierung von Jens Ohlin und Hannes Meidal, die gerade im skandinavischen Raum für ihre Klassikerüberschreibungen bekannt sind und gefeiert werden. Denn mit ihrem „Don Giovanni“ betrachten die beiden Autoren das Bild des Verführers aus feministischer Perspektive. Sie verlegen die Geschichte in den Mikrokosmos Schule und beschreiben den Nährboden für Sexismus und sexualisierte Gewalt. Alle Figuren sind Teil eines Systems, das zuerst das Opfer sexualisierter Gewalt in Frage stellt, statt ihm zu helfen. Aus der Mozart’schen Oper über den Frauenhelden und eine Gesellschaft, die ihn gewähren lässt, wird eine Geschichte über Auswirkungen jahrhundertelang reproduzierter problematischer Bilder von Männlichkeit.
Diese Klassikerüberschreibung ist damit keine vereinfachte Version für Kinder und Jugendliche. Sie liefert keine Lösungen, bietet aber die Grundlage zum offenen Gespräch im Anschluss. Das haben wir mit den Schauspieler:innen auch direkt gemacht. Es wurden spannende Perspektiven deutlich und diskutiert; vor allem war es ziemlich interessant, einmal mit echten Schauspieler:innen zu sprechen und ihren Zugang zu ihren Figuren etwas besser nachvollziehen zu können. Echte Profis und junge Theaterarbeit auf höchstem Niveau.
Endlich Mittagspause, die wir rund um die Altstadt (mit der Sonne im Gesicht, der Sonnenbrille auf der Nase und einem Eis in der Hand) verbracht haben. Denn nach der Mittagspause wartet noch unser Besuch im NRW-Forum am Ehrenhof; dort hatten wir eine erklärende Führung durch die Ausstellung „The Truth is dead“ von Alison Jackson.
Unsere Gesellschaft ist besessen vom Leben der Prominenten: Paparazzi verfolgen Stars und Boulevardmedien inszenieren tagtäglich deren Geschichten. Privatsphäre wird öffentlich und das Leben der Anderen zum konsumierbaren Produkt. Es bleibt die Frage, was echt ist und was inszeniert und ob dieser Unterschied wirklich noch von Interesse ist. Was denkt ihr?
Eine drastische Antwort formulierte die britische Fotografin Alison Jackson 2020: „Die Wahrheit ist tot. Nichts, was uns gezeigt wird, ist vertrauenswürdig, alles kann gefälscht sein und nichts ist authentisch. Was macht dieses Wissen mit uns?“. Es ist leicht vorzustellen, dass auch hier viele Fragen an die Fotos und ihre Wirkung entwickelt wurden. Das war super interessant, weil man durch die Führung und unsere Nachfragen die Ideen der Künstlerin viel besser nachvollziehen konnte. Museum mal etwas anders erfahren und erfragt. Schon wieder also ein Blick hinter die Kulissen (und die Kamera von Alison Jackson).
Zwölf Stunden später, nachdem wir uns in Bocholt getroffen haben, waren wir dann auch wieder müde zurück in Bocholt. Zurück aus der Stadt, daheim in Bocholt. Ein langer Tag ging locker zu Ende, die Erfahrungen aus Museum und Theater aber werden bleiben. Das war ein schöner Wandertag.