#Herding-Festival-2019
#MitdemFahrstuhlindieVergangenheit
#GeschichteamKapuundimMuseum
Wenn Schule, Museum und Industrie mitten in Bocholt aufeinandertreffen, dann arbeiten das St.-Josef-Gymnasium, das LWL-Industriemuseum und die Borgers GmbH zusammen. Am Dienstag (17. Juni 2019) fand das diesjährige „Herding-Festival: Mit dem Fahrstuhl in die Vergangenheit“ statt.
Unter blauem Himmel versammelten sich gegen 8.30 Uhr alle Mädchen und Jungen der Klassen 8 langsam auf dem kiesigen Hof der Weberei des LWL Textilwerks Bocholt. Unruhig kommen sie in Kleingruppen zusammen und warteten auf die Dinge, die da kommen sollten. Viele kennen den authentischen Lernort bereits aus der Jahrgangsstufe 5 und haben bereits erste Fäden zum historischen Ort geknüpft. Ein Gefühl der allgemeinen Vertrautheit macht sich breit
Als der Kurator und wissenschaftlicher Referent im TextilWerk Bocholt, Martin Schmidt, seine Begrüßungsworte an die Masse richtet, ebbte die Unruhe langsam ab. „Heute werden die Fäden, die ihr vor drei Jahren hier begonnen habt, weiter gewebt, aber mit neuer Maschinerie“, wie Schmidt in seiner Ansprache zum Tagesverlauf anklingen ließ.
Bereits beim Eintritt ins Gebäude fiel im Vergleich mit vorigen Besuchen auf, dass sich einiges verändert hat. Ursprünglich begrüßten einen die ersten Ausstellungsstücke bereits im Foyer, doch weichen sie nun einem strahlend weißen Anstrich, der Offenheit vermittelt. Dieses Gefühl der Offenheit weist auf das neue Konzept im Bocholter TextilMuseum hin. Wo zuvor noch Eisenstäbe und Ketten den direkteren Zugriff verhinderten, können die Besucher nun in den Textilsektor der Industrialisierung nachhaltiger eintauchen. So kann man sich frei zwischen den Maschinen bewegen und die Verzahnung der Arbeitsprozesse am eigenen Leib nachvollziehen.
Unsere Klassen 8 erlebten laut arbeitende Maschinen und eines wurde schnell klar: „Das ist Arbeit, kein Spiel!“, wie Martin Schmidt es treffend formulierte, als er eine Menagerie von verschiedenen hämmernden und plärrenden Geräten anwerfen ließ. Andere Gruppen von Besuchern konnten währenddessen in die erhöhte Meisterkabine eintreten und einen Perspektivwechsel erleben. Sie setzten quasi die Brille eines Meisters auf, der die Prozessstrukturen von erhöhtem Posten aus unmittelbar überschauen kann.
Zusätzlich dazu vermittelten vier Module unseren Schülerinnen und Schülern die unterschiedlichen Ebenen des Lebens am Bocholter Industriestandort um 1900. Hier wurden die Mädchen und Jungen aktiviert und die Arbeitsprozesse im Werk wurden noch transparenter. Unsere Module trugen Namen wie „Weben und Leben wie vor hundert Jahren – Alltag zwischen Arbeit und daheim“ (Modul 1), „Fashion – Design und Mode“ (Modul 2), „Ein Haufen Kohle – Von Strategien und Unternehmerarbeit“ (Modul 3) und „Karl vor der Wahl. Ein Theaterstück“ (Modul 4). An diesen Namen lässt sich bereits die handlungsorientierte Natur der Vorhaben erkennen. Hier wird an die historische Materie Hand angelegt, indem Schülerinnen und Schüler selbst Wäsche in der Art des 19. Jahrhunderts waschen, mit ausgewählter Maschinerie arbeiten oder die Rolle des Jungen Karl in der Arbeitswelt der Industrialisierung in Theaterform nachspielen.
Eben jenes Theaterstück war es, das unseren Vormittag abrundete. Das selbst verfasste, selbst gespielte Stück über Karl und seine Wahl zwischen Gymnasium und harter Arbeit im Werk zur Rettung seiner Familie wusste zu begeistern. Vor der historischen Kulisse der Weberei und den Augen der anderen auf dem Boden sitzenden Schülerinnen und Schüler berührte das Schicksal des jungen Karls.
Die von unserem Kooperationspartner Borgers GmbH gesponserte Bratwurst, die im Anschluss auf dem Hof eingenommen wurde, kam da gerade recht – ein den Magen füllender Abschluss zu einem den Kopf und das Herz füllenden Vormittag in der Weberei, der neue Fäden gezogen und neuen Stoff verwoben hat.
Die Kooperation zwischen den Partnern St.-Josef-Gymnasium, LWL TextilWerk und der Borgers GmbH lebt. Und sie wird immer enger miteinander verwoben. Das liegt vor allem an dem hohen leidenschaftlichen Engagement der Fachschaft Geschichte am Kapu (Herr Hölscher, Herr Sarpe, Herr Sczesny) sowie Frau Stockmann, Frau Fernandes und Herrn Schmidt auf Seiten des Museums. Ihnen allen gilt ein besonderer Dank für ihre Arbeit rund um unser Herding-Festival-2019.
Bedanken möchten wir uns auch bei Herrn Sevink für seine so leckeren Bratwürstchen!
Der Projekttag „Mit dem Fahrstuhl in die Vergangenheit“ ist eine Zusammenarbeit der Kooperationspartner St.-Josef-Gymnasium („Kapu“), LWL-Industriemuseum TextilWerk Bocholt und der Borgers GmbH. „Das Herding-Festival ist seit Jahren fester Bestandteil unserer Kooperation mit dem LWL-Textilwerk“, erklärt dazu Herr Schepp und weiß als Geschichtslehrer: „Die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts ist Bestandteil der unterrichtlichen Arbeit in der Jahrgangsstufe 8. Damit ist das Herding-Festival eine wichtige Ergänzung des Geschichtsunterrichts. So können wir einen konkreten lokalen Bezug ableiten, weil die Schülerinnen und Schüler so viel Neues über ihre Stadt erfahren. Schule trifft auf Museum und Industrie.“
Text: Mark Sarpe und Sebastian Sczesny
Fotos: Sebastian Sczesny